Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Angelfischerverbandes e.V. (DAFV), des Verbandes Deutscher Sporttaucher e.V. (VDST) und der Gesellschaft für Ichthyologie e.V. (GfI) vom 14.11.23:

Der Dorsch ist „Fisch des Jahres 2024“


Der Flussbarsch Perca fluviatilis wird Fisch des Jahres 2023

Heute ungefährdet – aber morgen?

Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Angelfischerverbands (DAFV), des Verbands Deutscher Sporttaucher (VDST) und der Gesellschaft für Ichthyologie (GfI) vom 15.11.2022: Gemeinsame Pressemitteilung

Berlin 2022: Der Flussbarsch wurde vom Deutschen Angelfischerverband e.V. gemeinsam mit dem Verband Deutscher Sporttaucher e.V. und der Gesellschaft für Ichthyologie e.V. zum Fisch des Jahres 2023 gewählt.

Flussbarsch, gezeichnet von Eric Otten; (c) Deutscher Angelfischerverband

Der Flussbarsch, wer kennt ihn nicht?

Flussbarsche sind besonders farbenprächtiger Vertreter unserer heimischen Fischfauna und in vielen Gewässern häufig und weit verbreitet, und das auch in neuen und relativ strukturarmen wie zum Beispiel Kanälen oder Kiesgruben. Für viele war ein Flussbarsch die erste stolze Beute der ersten Angelversuche, und gerade jetzt erlebt der Flussbarsch ein erneutes Comeback in der Angelfischerei. Ein Allerweltsfisch möchte man meinen, und in der nationalen Roten Liste wird er auch als „nicht gefährdet“ ausgewiesen. Datenbasierte Analysen haben gezeigt, dass die Bestände seit Jahren stabil sind. Warum also gerade den Flussbarsch als Fisch des Jahres? Hierfür gibt es zahlreiche gute Gründe.

Unsere Gewässerlandschaft verändert sich: heute noch ungefährdet, aber morgen auch noch?

Der Flussbarsch steht stellvertretend für die allgemeine Gefährdung unserer Fischfauna, denn dies betrifft zunehmend auch die häufigeren Arten. Was gestern noch selbstverständlich war, kann heuet oder morgen schon ganz anders aussehen. Und gerade bei häufigen Arten ist es besonders schwer, Änderungen in Populationsgrößen zu identifizieren. Man denke nur an die Entwicklungen beim Aal. Auch hier wurde das Problem erst wirklich prominent, als die Bestände auf circa 1% der historischen Größen geschrumpft waren. Die extremen Dürreperioden der letzten Jahre haben viele kleinere Bäche und Teiche austrocknen lassen, Phasen mit viel zu hohen Wassertemperaturen und dadurch bedingten Sauerstoffmangel werden immer häufiger, sommerliche Fischsterben stehen inzwischen  wieder auf der Tagesordnung. Wie wird der anhaltende Klimawandel die Zusammensetzung unserer Fischfauna in absehbarer Zukunft verändern? Gerade über die Dokumentation des Vorkommens (zur Zeit noch) häufiger und auch von Laien gut bestimmbaren Arten wie dem Flussbarsch könnten hier wichtige Daten zum Biodiversitätswandel generiert werden. Die große Gemeinschaft der Angler:rinnen, der Sporttaucher:innen und der an und in den Gewässern tätigen Ichthyologen:innen könnten hier wertvolle Beiträge zum Monoitoring leisten. Leider wird dieses Potenzial zur Zeit noch viel zu wenig genutzt. Hierzu mag die Auswahl dieser „Allerweltsart“ erste Anregungen geben.

Der Flussbarsch im Ökosystem

Der Flussbarsch nimmt zudem eine entscheidende Rolle in den Ökosystemen ein. Als meist klein bleibender dafür aber zum Teil häufiger Räuber mit beachtlichen Biomassen ist er entscheidend für die Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichts in unseren Gewässern. Besonders in Stillgewässern wie Seen oder Kiesgruben trägt er z.B. dazu bei, die Balance zwischen Algenwachstum, Zooplankton und Fischvorkommen in einem dem Gewässertyp entsprechenden ökologischen Zustand zu erhalten. In trüben Gewässern wird oft eine Verschiebung im Rotaugen-Barsch-Verhältnis hin zu mehr Rotaugen beobachtet. Aber ist das immer so? Zumindest ist die zunehmende Trübung vieler Stillgewässer ein ernsthaftes ökologisches Problem. Beobachten wir also Flussbarsche (und auch andere häufigere Arten), sammeln Daten und versuchen dann, Erkenntnisse und Lösungsansätze  für die dringend notwendige Verbesserung gerade unserer Stillgewässer zu finden.

Flussbarsch als Nahrungsmittel? Eine Option für eine nachhaltigere Ernährung

Und dann ist der Flussbarsch auch noch sehr wohlschmeckend. Die fischereiliche Verwertung stellt einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Nutzung unserer aquatischen Ökosysteme dar. Warum immer Fische aus gefährdeten Meeren und mit langen Transportwegen? Flussbarsche, selbst geangelt und selbst zubereitet, regionaler und ökologischer geht es kaum! Vielleicht kann uns auch hier der Flussbarsch Anstöße zum Ändern unserer Ernährungsgewohnheiten geben.


Hintergrundinformationen:

Der Flussbarsch Perca fluviatilis ist eine in Fließ- und Stillgewässern in Eurasien weit verbreitete Art, die nur geringe Ansprüche an die Struktur und Qualität ihrer Umgebung stellt. Barsche besiedeln daher auch schnell neu entstandene Gewässer wie Baggerseen oder Tagebaurestlöcher. Der Flussbarsch ist einer der farbenfroheren Fischarten in unseren Gewässern. Eine gelblich-grüne Grundfärbung mit schwarzen Querbinden, zwei Rückenflossen, von denen die erste stachelig ist und am Ende einen schwarzen Fleck hat, kennzeichnen die Art. Die restlichen Flossen sind rot. Als Jungfisch sind Barsche oft im Schwarm unterwegs, später werden große Exemplare Einzelgänger. Ihre Eier legen Barsche zwischen März und Juni an Pflanzen in langen Laichbändern ab.

Die Larven wachsen rasch und nehmen Zooplankton als Nahrung auf. Im Durchschnitt stellen Barsche bei einer Körperlänge von 12 cm ihre Nahrungspräferenz auf Fische um. Interessanterweise nehmen manche Barsche sehr schnell Fischlarven als Nahrung an. Diese eiweißreiche Kost sorgt für ein schnelleres Wachstum, sodass es deutliche Größenunterschiede bei gleichaltrigen Individuen im Gewässer geben kann. Barsche können bis zu 60 cm lang und 4,8 kg schwer werden. Exemplare von mehr als 40 cm gelten aber als groß, solche über 50 cm sind sehr selten.

Barsche haben eine große Bedeutung bei der Regulation der Nahrungskette in Gewässern. Bei einem guten Nahrungsangebot stellen sie schnell auf Fischnahrung um und dezimieren die Weißfischbrut. Ist das Angebot an Nährtieren gering, neigt auch der Barsch zur Kleinwüchsigkeit. Barsche ziehen in ihrem Lebensraum umher und sind nicht standorttreu. Sie jagen oft im Schwarm. Aufgrund ihrer geringen Ansprüche an ihren Lebensraum besiedeln Barsche schnell neu entstandene anthropogene Gewässer wie z.B. Baggerseen. Auch in den großen Schifffahrtskanälen stellen Barsche oft einen Großteil der Fischbiomasse.

Flussbarsche sind aufgrund ihres grätenarmen, festen Fleisches beliebt als Speisefisch und haben eine große Bedeutung als Zielfisch in der Angelfischerei. Sie lassen sich auch von der beruflichen Binnenfischerei gut vermarkten. Die meisten Angler:innen schätzen die Art und verwerten gefangene Fische. Da die nachgefragten Mengen an Flussbarschen von der Fischerei kaum zur Verfügung gestellt werden können, wird er seit einigen Jahren vor allem in Osteuropa auch in Aquakulturbetrieben produziert. Die Mengen steigen, sind aber noch verhältnismäßig klein. Durch seine allgemeine Verbreitung, auch in künstlichen Gewässern, steht der Barsch wie kaum eine andere Art für die Möglichkeit des Verzehrs heimischer Süßwasserfische aus lokalen Gewässern.

Historisch betrachtet hat der Flussbarsch Bedeutung für die Entstehung von fischereirechtlichen Regelungen. Am Bodensee fiel schon Ende des 18. Jahrhunderts auf, dass die Bestände der Barsche stark abgenommen haben, was unter anderem darauf zurückgeführt wurde, dass zu viele Jungfische gefangen und als Hürling auf den Märkten verkauft wurden. 1790 wurden daraufhin auf der Fischereikonferenz Konstanz Regelungen für die Fischerei am Bodensee vorgeschlagen, die dann 1893 in der Bregenzer Vereinbarung mündeten, dem ersten „Fischereigesetz“.


Zusatzmaterial:

Abbildung [Flussbarsch, gezeichnet von Eric Otten; (c) Deutscher Angelfischerverband, zur Verwendung in Zusammenhang mit dieser Pressemitteilung bei Quellenangabe gestattet]

Der Flussbarsch im GfI-Fischartenatlas: https://biodiv-atlas.de/fische/#!/species/40123/details

Pressemitteilung des DAFV: https://dafv.de/referate/aktuelles/item/570-der-flussbarsch-perca-fluviatilis-wird-fisch-des-jahres-2023


Übersicht über den Fisch des Jahres 1984 – 2023 in Angelmagazin.de: https://angelmagazin.de/ratgeber/fisch-des-jahres/

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Pressemitteilung der GfI vom 14.09.20 „Das Leben im Wasser ist in Gefahr“

Der Klimawandel und die aquatischen Ökosysteme – keine Erfolgsgeschichte

Wasser ist die wichtigste natürliche Ressource der Erde, Voraussetzung für alles Leben. Aquatische Ökosysteme, seien sie im Süßwasser oder Meer, bieten den Menschen vielfältige Vorteile, wie z.B. die Versorgung mit Sauerstoff, Nahrung, Trinkwasser, zur Beeinflussung des Klimas,  Wasserreinigung, Eindämmung von Überschwemmungen/Dürren, als Erholungsgebiete und für andere Zwecke. Unsere Existenz und unser Wohlbefinden hängen vom guten Funktionieren der aquatischen Ökosysteme ab.

Die aquatischen Ressourcen der Welt sind heute der größten Bedrohung in der Geschichte der Menschheit ausgesetzt – vom Menschen verursacht. Der Klimawandel beschleunigt die Verschlechterung der aquatischen Ökosysteme. Diese gehören zu den weltweit am stärksten betroffenen Ökosystemen – oft unbemerkt von der Öffentlichkeit. Der Artenschwund im Süß- und Meerwasser ist schon dramatisch, aber bis zu 90 % der Korallenriffe werden bis Mitte dieses Jahrhunderts verschwinden, wenn sich die gegenwärtigen Trends fortsetzen.

Wir, die Wissenschaftler der Welt, die sich mit Wasserressourcen aller Art beschäftigen, verbringen unser Leben damit, diese Systeme zu untersuchen. Wir sehen außergewöhnliche und beunruhigende Veränderungen in den aquatischen Ökosystemen der Welt aufgrund des Klimawandels und glauben, dass wir diese mit der Öffentlichkeit weiterhin teilen müssen. Die vom Weltwirtschaftsforum gefundene globalen Risiken bewerteten die Auswirkungen eines Versagens der Klimapolitik. Verlust der biologischen Vielfalt und Wasserkrise gehören zu den fünf größten Risiken des nächsten Jahrzehnts.

Den ausführlichen Bericht “Erklärung der weltweiten aquatischen wissenschaftlichen Fachgesellschaften zur Notwendigkeit, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse dringend Maßnahmen gegen den vom Menschen verursachten Klimawandel zu ergreifen” mit den beteiligten Institutionen können Sie hier (s.u.) nachlesen. Der Bericht enthält auch eine Liste der über 100 beteiligten Institutionen.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte die GfI, info@ichthyologie.de.


Dokumente:

World Climate Statement

Press Release Climate Final 91020

World Climate Statement – deutsche Übersetzung : PM_GfI_14_09_2020_Erklärung _weltweiter_aquatischer_Wissenschaftlicher_Vereinigungen