Rote Liste und Gesamtartenliste der sich im Süßwasser reproduzierenden Fische und Neunaugen (Pisces et Cyclostomata) Deutschlands

Die lang erwartete neue Rote Liste der Süßwasserfische Deutschlands ist erschienen:

„Die Gesamtartenliste enthält 122 in Deutschland vorkommende Süßwasserfisch- und Neunaugenarten, von denen 90 bewertet werden. Die Rote Liste der Süßwasserfische und Neunaugen geht wie alle Roten Listen über eine reine Inventur und die Beschreibung von Bestandstrends und Rückgangsursachen hinaus. Sie beinhaltet die Ergebnisse einer quantitativen Analyse der Monitoringdaten aus den Bundesländern. Zudem wird die Verantwortlichkeit Deutschlands für die weltweite Erhaltung der Arten eingeschätzt und es werden Hinweise gegeben, wie sich die Bestandssituation der Süßwasserfische und Neunaugen verbessern lässt. Mit ihr liegt Band 6 der Reihe „Rote Liste der Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands“ 2020 ff. vor.“ Quelle: BfN

Zitat
Freyhof, J.; Bowler, D.; Broghammer, T.; Friedrichs-Manthey, M.; Heinze, S. & Wolter, C. (2023): Rote Liste und Gesamtartenliste der sich im Süßwasser reproduzierenden Fische und Neunaugen (Pisces et Cyclostomata) Deutschlands – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (6): 63 S.

Download Publikation
https://bfn.bsz-bw.de/frontdoor/index/index/docId/1643

Download der Daten
https://www.rote-liste-zentrum.de/de/Download-Wirbeltiere-1874.html

Vorstellung der Ergebnisse
Auf der 19. GfI-Tagung am 13.10.23 an der Hochschule Bremen: https://www.ichthyologie.de/programm-19-gfi-tagung-bremen/


Einige neue Erkenntnisse

„Eine Rote-Liste-Kategorie wird für die 90 indigenen und archäobiotischen Arten ermittelt. Die bundesweite Gefährdungsanalyse beruht auf den länderspezifischen Einschätzungen von 59 Expertinnen und Experten aus allen Ländern und wurde durch eine quantitative Auswertung der Befischungsdaten von 6.424 Messstellen aus den Programmen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bzw. der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie Erkenntnisse aus weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen gestützt. Insgesamt werden 9 Arten als ausgestorben oder verschollen und 38 weitere als bestandsgefährdet (Rote-Liste-Kategorien 1, 2, 3 und G) eingestuft. Von Letzteren sind 11 Arten vom Aussterben bedroht. Der zuvor als ausgestorben betrachtete Tiefseesaibling Salvelinus profundus und der verschollen geglaubte Stein­greßling Romanogobio uranoscopus wurden wiederentdeckt.“
(Freyhof et al. 2023)

„Die Baltische Elritze Phoxinus marsilii wurde neben weiteren Elritzenarten basierend auf molekularen Merkmalen von der weit verbreiteten Elritze Phoxinus phoxinus abgespalten. Die Baltische Elritze wird somit erstmals in der Gesamtartenliste der deutschen Süß­ wasserfische und Neunaugen aufgeführt. In der Ver­ gangenheit sind die Bestände der Art zurückgegangen. Die Expertinnen und Experten der Roten Liste stell­ten für die in Deutschland sehr seltene Art jedoch eine positive Bestandsentwicklung in den letzten 15 bis 20 Jahren fest. Insgesamt wird die Baltische El­ritze in die Rote-Liste-Kategorie „Vorwarnliste“ einge­stuft.“
(Freyhof et al. 2023; Foto: Jörg Freyhof)

„Nach anhaltenden Bestandsrückgängen war die ein­zig historisch bekannte deutsche Population des Perl­fischs Rutilus meidingeri Anfang der 1990er Jahre im Chiemsee erloschen. Besatzaktionen seit 1995 waren erfolgreich, so dass sich inzwischen eine selbst erhal­ tende Population der extrem seltenen Art entwickelt hat, die weiter zuzunehmen scheint. Außerdem gibt es Hinweise zu einer erhalten gebliebenen Population in der Donau. Insgesamt wird der Perlfisch in die Rote- Liste-Kategorie „Gefährdung unbekannten Ausmaßes“ eingestuft.
(Freyhof et al. 2023; Foto: Andreas Hartl)

Erstnachweis einer indigenen Art. Nachdem es schon vor vielen Jahren Funde des Donau-Goldsteinbeißers Sabanejewia balcanica im österreichischen Inn gab, gelang es 2015 erstmals, die Art in Bayern nachzuweisen. Der Nach­weis gelang in der Rott, einem Nebenfluss des unte­ren Inns, und konnte inzwischen mehrmals in dieser Region bestätigt werden (Effenberger et al. 2021). Aufgrund der Biologie der Art ist nicht davon aus­ zugehen, dass sie erst in den letzten Jahren aus Österreich eingewandert ist, sondern als indigene Art, welche die Etablierungskriterien vollumfänglich erfüllt, bis zu ihrem Erstnachweis in Deutschland un­entdeckt geblieben ist.“
(Freyhof et al. 2023; Foto: Jörg Freyhof)